Online-Experten-Talk zur ISO 20022-Migration

Roter Warnhinweis on air über der Studiotür bei der Aufzeichnung des Webcasts zur ISO 20022-Migration

Die Umstellung auf ISO 20022 naht mit riesigen Schritten. Doch was steckt eigentlich hinter der ISO 20022-Migration? Welche Herausforderungen, aber auch Chancen bietet sie? Und wie erfolgt die Umsetzung speziell in SAP? Mit diesen Fragen beschäftigte sich der Webcast der LBBW „ISO 20022-Migration – mit der LBBW die Zukunft des Zahlungsverkehrs gestalten!“.

LBBW und Payyxtron beantworten Fragen

Am 02.07.2024 strahlte die LBBW ihren ersten Webcast aus. Um 10:30 Uhr hieß es im hauseigenen Studio „Licht aus, Spot an!“. Eine Stunde lang stellten sowohl Moderatorin Jessica Mertens (Global Trade & Export Finance / LBBW) als auch die Zuschauer Fragen rund um die Einführung des neuen Zahlungsverkehrsstandards und die Umsetzung in SAP. Diese wurden von den Experten der LBBW, Christian Kehm (Cash Management) und Armin Wittemer (Global Trade & Export Finance) sowie unserem Senior-SAP-Berater Michael Englert beantwortet.

Experten-Team beim Webcast zur ISO 20022 Migration bestehend aus Christian Kehm, Armin Wittemer, Jessica Mertens und Michael Englert
Christian Kehm, Armin Wittemer, Jessica Mertens (alle LBBW) und Michael Englert (Payyxtron GmbH) im Studio der LBBW

ISO 20022-Migration häufig noch nicht begonnen

Eine Umfrage unter den Zuschauern zeigte, dass SAP mit großem Abstand von den meisten als ERP-System für die Verbuchung von Kontoauszügen und die Zahlungsvorbereitung verwendet wird. Eine weitere Umfrage verdeutlichte, dass viele Unternehmen noch nicht mit der ISO 20022-Migration begonnen und auch noch keine Vorstudie durchgeführt haben.

Was ist die ISO 20022-Migration?

Christian Kehm ging zunächst auf den Hintergrund der bevorstehenden Migration ein. Bereits im März 2023 wurde die Interbankenkommunikation auf XML umgestellt. Dadurch wurden Schnittstellen reduziert, was zu mehr Effizienz und Transparenz zugunsten einer höheren Sicherheit geführt hat. Diese Umstellung findet jetzt auch an der Schnittstelle zwischen Unternehmen und Banken statt.

Das betrifft sowohl Kontoinformationen als auch Zahlungsaufträge. Hier müssen die bestehenden in neue Formate überführt werden. So muss beispielsweise der Kontoauszug von MT940 auf camt.053.001.08 umgestellt werden. Für Auslandszahlungen gilt künftig pain.001.001.09 als Standard und löst damit DTAZV ab. Alle neuen Formate können Sie der folgenden Übersicht entnehmen.

Alte und neue Zahlungsformate bei der ISO 20022-Migration gegenübergestellt
Übersicht der alten und neuen Zahlungsformate bei der ISO 20022-Migration (Quelle: LBBW)

Welche Herausforderungen bringt die ISO-Umstellung mit sich?

Handlungsbedarf wird falsch eingeschätzt

Herausforderungen sieht Michael Englert bei den Unternehmen. Diese unterschätzen aufgrund von Informationsdefiziten häufig den Handlungsbedarf. Denn jetzt müssen Prozesse und Formate, die seit Jahren laufen, angepasst werden. So müssen SEPA-Formatbäume über einen neuen CGI-Formatbaum abgewickelt werden. Nicht nur DTAZV muss ersetzt, sondern auch der SEPA-Formatbaum neu angelegt und getestet werden.

Individuelle Implementierung erforderlich

Beim Kontoauszug gehen viele Unternehmen davon aus, dass txt-Dateien 1:1 durch xml-Dateien ersetzt werden. Dem ist aber nicht so. Durch Verwendung der Standardimplementierung würde sich nach Einschätzung von Herrn Englert die maschinelle Buchungsquote verschlechtern. Unter anderem deshalb, weil die Geschäftsvorfallcodes aus MT940 in Business Transaction Codes in CAMT übertragen werden sollten.

Nur begrenzte Ressourcen vorhanden

Eine weitere Herausforderung stellen, Herrn Englert zufolge, die knappen Ressourcen dar. Denn die Mitarbeiter, die die Umstellung meistern sollen, sind häufig bereits im Tagesgeschäft stark eingebunden.

Hinzu kommt, dass laut der SAP bestehende ECC-Systeme durch S4-Systeme ersetzt werden müssen. In diesem Zusammenhang müssen Prozesse neu aufgesetzt werden. Dadurch werden Kapazitäten gebunden, die bei der ISO 20022-Migration fehlen.

Ein Mangel an Ressourcen zeichnet sich deutlich ab: Sowohl bei den unternehmensinternen Fachberatern als auch bei den externen Bank- und SAP-Beratern. Ein frühzeitiger Projektstart ist deshalb dringend angeraten.

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Erneute Migration von SEPA erforderlich

Herr Englert lieferte noch einen weiteren wichtigen Hinweis: Bereits bestehende und funktionierende SEPA-Datenträger müssen im Zusammenhang mit der ISO 20022-Migration erneut migriert werden. Außerdem bietet sich eine gleichzeitige Umstellung der Kontoauszüge auf den CAMT-Kontoauszug an, der es ermöglicht, deutlich mehr Daten mitzuliefern.

Welche Chancen bietet die ISO 20022-Migration?

Höhere automatische Verbuchung

Chancen und Vorteile sieht Christian Kehm vor allem in der Durchgängigkeit der neuen Formate. Medienbrüche zwischen Zahlungsbeauftragung und Erhalt der Kontoauszugsinformationen finden nicht mehr statt. Dadurch gehen keine Informationen mehr verloren. Das Feld „Verwendungszweck“ wird wieder seiner ursprünglichen Funktion zugeführt, da regulatorisch erforderliche Informationen in CAMT über eigene Tags bereitgestellt werden können. Mehr Transaktionen werden automatisiert zugeordnet. Dadurch werden manuelle Nacharbeiten reduziert. Insgesamt führt dies zu einer geringeren Reklamationsquote.

Wegfall von Drittsoftware

Ein Mehrwert entsteht, Michael Englert zufolge, vor allem, wenn CAMT und neue Zahlungsformate gemeinsam eingesetzt werden. Denn im erweiterten Verwendungszweck können viel mehr Informationen mitgegeben werden. Nutzen ein Unternehmen und seine Kunden das gleiche System, müssen keine papierhaften Avise mehr gescannt oder PDFs aus E-Mails ausgelesen werden. Der Einsatz einer hierfür erforderlichen Drittsoftware entfällt.

Welche Voraussetzungen sind für einen erfolgreichen Projektverlauf erforderlich?

Damit ein erfolgreicher Projektverlauf gewährleistet werden kann, sieht Christian Kehm die Notwendigkeit, bestehende Systeme (Electronic Banking, Cash Management und ERP) zu prüfen. Es muss gewährleistet sein, dass ein Kontoauszug überhaupt abgerufen und weiterverwendet werden kann. Es sollte darauf geachtet werden, dass MT940 und CAMT nicht parallel eingespielt werden. Dies kann zu doppelten Buchungen führen.

In diesem Zusammenhang spricht Herr Kehm sich dafür aus, direkt auf BTCs umzustellen, obwohl die GVCs weiterhin mitgeliefert werden. Durch BTCs wird die Weiterverarbeitung auch in Zukunft gesichert.

Wichtig ist, Laut Herrn Kehm, die Umstellung vor dem Go live auf Herz und Nieren zu testen, da die Fehler häufig im Detail liegen.

Außerdem weist er darauf hin, dass im Zuge der ISO 20022-Migration auch gleich der signierte Kontoauszug mit eingeführt werden kann. Dieser hat mit der Umstellung des Zahlungsverkehrs jedoch nichts zu tun.

Welche Schritte sollte die Migration umfassen?

Michael Englert empfiehlt, direkt auf die CAMT v8-Version umzustellen, anstatt einen Zwischenschritt für CAMT v2 zu machen. Dadurch sparen Unternehmen sich eine weitere Migration. Wichtig ist, dass die BTCs von den Banken gleich mitgeliefert werden, damit später nicht ein weiteres Mapping von GVC zu BTC erfolgen muss. Eine Mappingvorlage gibt es zum Download bei ebics.de.

Herr Englert weist außerdem darauf hin, dass es wichtig ist, das ERP-System aktuell zu halten. Außerdem verdeutlicht auch er, wie wichtig das Testen der neuen Systeme vor dem Go-Live ist. Dazu müssen ein Testmanagement eingerichtet und aktuelle Testsysteme verwendet werden, da Fehler auf alten Testsystemen nicht erkannt werden können. Im besten Fall starten Unternehmen mit der Umstellung einzelner Banken von MT940 auf CAMT. Dann ist zwar vorübergehend ein Parallelbetrieb erforderlich. Mögliche Fehler verursachen jedoch geringere Probleme.

Das gilt auch für die Umstellung von Auslandszahlungen. Auch hier ist es ratsam, die Umstellung Bank für Bank vorzunehmen. In einer Übergangsphase sollte nur eine Pilotbank mit dem CGI oder AXZ bedient werden. So führen auftretende Fehler nicht zu einer vollständigen Zahlungsunfähigkeit des Unternehmens.

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Welche Bedeutung hat die ISO 20022-Migration für den Auslandszahlungsverkehr?

Insbesondere der Auslandszahlungsverkehr ist von der ISO 20022-Migration betroffen. Denn im Herbst 2026 läuft die Unterstützung der Deutschen Kreditwirtschaft für den von vielen Unternehmen liebgewonnenen DTAZV aus. Die Umstellung auf das AXZ-Format wird nach Meinung von Armin Wittemer komplexer werden als die SEPA-Umstellung. Insbesondere kommt hier der sauberen Pflege der Stammdaten eine große Bedeutung zu.

Welche To-dos gibt es bei den SEPA-Formaten?

Auch bei SEPA ist die Anpassung der Empfängerdaten und die Pflege strukturierter Adressfelder laut Christian Kehm von großer Bedeutung. Die SEPA-Formate laufen im November 2025 aus und müssen dann von der PAIN.001 v03 auf die PAIN.001 v09 umgestellt werden. (Nachtrag: Im Oktober 2024 wurde seitens der Deutschen Kreditwirtschaft die Verlängerung der SEPA-Formate bis November 2026 beschlossen.)

Welche Bedeutung haben korrekte Stammdaten?

Korrekte Stammdaten spielen auch im Rahmen der PSD3/PSR eingeführten „Verification of Pay“ eine große Rolle und werden hier immer wichtiger. Durch den verpflichtenden „IBAN Name Check“ muss die ausführende Bank die Daten bei der Empfängerbank bereits vor der Ausführung der Zahlung abrufen. Das gilt für Instant Payments ab Oktober 2025. (Nachtrag: Auch für Instant Payments wurde die Frist zur Umstellung um ein Jahr verlängert.) Eine entsprechende Pflicht für alle SEPA-Überweisungen wird derzeit diskutiert.

Auch Herr Englert betont, dass die Empfängerstammdaten immer wichtiger werden. Es wird sowohl strukturierte als auch unstrukturierte Adressdaten geben. Als Unternehmen sollte man sich für eine Version entscheiden. Herr Englert empfiehlt, strukturierte Adressdaten zu nutzen. Hierfür ist die Bereinigung vorhandener Stammdaten erforderlich.

Michael Englert beantwortet im Online-Experten-Talk die Fragen von Jessica Mertens zur ISO 20022-Migration in SAP
Michael Englert beantwortet Fragen zur ISO 20022-Migration in SAP

Welche Möglichkeiten bietet der CGI-Formatbaum?

Laut Michael Englert gibt es in SAP viele Möglichkeiten zur Einstellung des Customizings, um die Änderung von CAMT und AZV auf XML vorzunehmen. DTAZV muss auf das AXZ- oder das CGI-Format gebracht werden (wenn die Bank das CGI-Format akzeptiert). Hierzu müssen die SEPA-Formatbäume und MT940 aktualisiert werden. Da die SAP nur noch die CGI-Formatbäume nach ISO-Vorgabe aktualisiert, sollten diese eingesetzt werden.

Der CGI-Formatbaum ist, Herrn Englert zufolge, mächtig.

  • Er kann automatisch Tags ein- und ausblenden, wenn es sich beim Empfängerland um ein Euroland handelt, d.h. es kann damit eine SEPA-Zahlung ausgelöst werden.
  • Er kann ein AXZ-Format im CGI-Format auslösen.
  • Er kann im Ausland ACH-Zahlungen, Urgent Payment Zahlungen oder Scheckzahlungen abwickeln.

Für Unternehmen bedeutet dies, dass das CGI-Format funktionieren muss, bevor weitere Anpassungen vorgenommen werden. Eine Umstellung ist jedoch nicht einfach in Form von „plug & play“ möglich.

Wie lange dauert eine ISO 20022-Migration?

Die Dauer einer ISO 20022-Migration ist unter anderem vom aktuell verwendeten Release, ECC oder S4, abhängig. Für ein entsprechendes Projekt müssen IT-Ressourcen bereitgestellt werden. Aber auch der Fachbereich muss hier eingebunden werden. Denn dieser weiß, welche Sonderfälle abgewickelt werden müssen. Diese müssen während der Migration getestet werden.

ISO 20022-Migration jetzt in Angriff nehmen!

Bereits heute besteht Handlungsbedarf bei Unternehmen. Denn ein Teil des Zahlungsverkehrs muss schon bis November 2025 auf die neuen Formate umgestellt sein. Weitere Anpassungen müssen bis November 2026 vorgenommen werden.

Auch wenn diese Daten noch über ein Jahr in der Zukunft liegen: Die ISO 20022-Migration ist mit einem erheblichen Aufwand verbunden. Beispielsweise durch die Abstimmung mit den beteiligten Abteilungen. Da vergeht ein Jahr vergeht wie im Flug.

Außerdem sind die Kapazitäten der verfügbaren SAP-Berater knapp. Unternehmen, die externe Unterstützung benötigen, sollten sich diese begehrte Ressource daher frühestmöglich sichern.

Webcast verpasst?

Wenn Sie die Veranstaltung verpasst haben oder sich den Webcast gerne noch einmal ansehen möchten, schauen Sie sich gerne die Aufzeichnung auf YouTube an. Die Folien, unter anderem mit den Umfrageergebnissen, können Sie hier einsehen.

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Michael Englert